Liebe Mandanten und Freunde,
an dieser Stelle möchten wir Ihnen von Zeit zu Zeit interessante Gestaltungen oder Informationen aus der Praxis vorstellen. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und helfen Ihnen bei Fragen gern. Ihr BBT Team.
Das MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) und seine Auswirkungen auf GbR, OHG und KG
Am 1.1.2024 tritt das bereits am 17.8.2021 verkündete „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG)“ in Kraft, womit umfangreiche Neuerungen im Personengesellschaftsrecht verbunden sind. Vor allem das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird grundlegend reformiert, aber auch für die Personenhandelsgesellschaften ergeben sich Änderungen; die wichtigsten Neuerungen möchten wir Ihnen nachfolgend darstellen (siehe hierzu im Einzelnen insbes. Roßkopf/Hoffmann, ZPG 2023, Seite 14 ff.).
I. Zivilrecht/Gesellschaftsrecht
1) Gesellschaftsregister
Das MoPeG sieht die Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR vor. Während sich OHG und (GmbH & Co.) KG schon immer in Abteilung A des Handelsregisters eintragen lassen müssen (§ 106, § 161 Abs. 2 HGB), besteht für die GbR bislang keine Möglichkeit der Eintragung in ein öffentliches Register.
a) Eintragungspflicht?
Bei der GbR ist die Registrierung grds., anders als bei den Personenhandelsgesellschaften (wie OHG, KG und GmbH % Co. KG), freiwillig. Jedoch ist die (Vor-)Eintragung jetzt Voraussetzung dafür, dass eine GbR bestimmte eingetragene Rechte erwerben kann, weil sie sich nur als eingetragene GbR z.B. in das Grundbuch (§ 47 Abs. 2 GBO n.F.), das Schiffsregister (§ 18 Abs. 2 SchRegO) oder als Gesellschafterin in die Gesellschafterliste einer GmbH (§ 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG nF) oder das Aktienregister einer AG (§ 67 Abs. 1 S. 3 AktG n.F.) eintragen lassen kann. Damit ist insbesondere ein rechtsgeschäftlicher Erwerb von Grundstücken durch eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene GbR nicht mehr möglich. Daraus folgt faktisch eine Registrierungspflicht für grundbesitzhaltende GbR.
b) Inhalt Register und Folgen der Eintragung
In das Gesellschaftsregister eingetragen werden gemäß § 707 Abs. 2 BGB n.F. Name, Sitz und Anschrift der Gesellschaft, Angaben zu den Gesellschaftern und zur Vertretungsbefugnis der Gesellschafter. Dementsprechend sind gemäß § 707 Abs. 3 BGB n.F. Änderungen des Namens, des Sitzes, der Anschrift, Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern sowie Änderungen in der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter zur Eintragung anzumelden.
Die eingetragene GbR muss den Zusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ im Namen tragen; außerdem muss eine GbR, bei der keine natürliche Person als Gesellschafter haftet, eine Bezeichnung im Namen führen, aus der die Haftungsbeschränkung erkennbar wird, § 707a Abs. 2 BGB n.F.
Durch die Eintragung ist es den Gesellschaftern erstmals möglich, im Rechtsverkehr durch einfachen Registerauszug die Existenz der Gesellschaft und vor allem die Vertretungsbefugnis der für die GbR handelnden Gesellschafter nachzuweisen und nicht mehr auf die Vorlage des Gesellschaftsvertrags und separater rechtsgeschäftlicher Vollmachten angewiesen zu sein.
(Nur) Mit Eintragung gilt darüber hinaus auch das Sitzwahlrecht des § 706 BGB n.F. Danach können Gesellschafter auch dann eine deutsche Personengesellschaftsform wählen, wenn die geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft regelmäßig von einem Ort im Ausland führen – oder die geschäftsführenden Gesellschafter können den Ort der Verwaltung ins Ausland (Verwaltungssitz) verlegen, solange der vertraglich festgelegte Sitz der Gesellschaft in Deutschland bleibt.
Die Anmeldung zum Gesellschaftsregister ist von sämtlichen Gesellschaftern gemeinsam zu bewirken (§ 707 Abs. 4 BGB n. F.). Für das Verfahren gelten die Vorschriften des HGB zum Handelsregister entsprechend (§ 707b BGB n.F.). Daraus folgt, dass die Anmeldung elektronisch in öffentlich beglaubigter Form über den Notar einzureichen ist (§ 707b BGB n.F. i. V. mit § 12 HGB).
Ist die GbR einmal in das Gesellschaftsregister eingetragen, können die Gesellschafter die Eintragung nicht beliebig rückgängig machen. Die Löschung einer GbR aus dem Gesellschaftsregister ist nur durch Auflösung und Liquidation möglich, § 707a Abs. 4 BGB n.F.
2) Geschäftsführung
Nach § 720 Abs. 3 BGB n.F. gilt zukünftig, dass eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis, beispielsweise in Bezug auf bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften, Dritten gegenüber selbst dann unwirksam ist, wenn diesen Dritten eine solche Beschränkung bekannt gemacht wurde. Entsprechende Regelungen in älteren Gesellschaftsverträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie etwa die Bezeichnung einer GbR als „GbR mit beschränkter Haftung“ und Ähnliches sind damit wirkungslos und zu streichen.
In allen Personengesellschaften gilt auch nach dem MoPeG weiterhin der Grundsatz der Selbstorganschaft, dem zufolge die organschaftliche Vertretungsbefugnis nur den Gesellschaftern und nicht einem Dritten (Fremdgeschäftsführer) zustehen kann. Wenigstens ein Gesellschafter muss danach unbeschränkt allein vertretungsbefugt sein. Nach wie vor möglich ist es jedoch, dem Nicht-Gesellschafter rechtsgeschäftlich Vollmacht zu erteilen. Gemäß § 707 Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F. kann diese jedoch nicht ins Register eingetragen werden.
3) Gesellschafterverhältnis
a) Stimmkraft, Gewinn/Verlust
Stimmkraft sowie der Anteil der Gesellschafter an Gewinn und Verlust bemessen sich zukünftig nicht mehr grundsätzlich nach Köpfen gemäß §§ 709 Abs. 2, 722 BGB, sondern vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen, § 709 Abs. 3 S. 1 BGB n.F. Ist nichts vereinbart worden, so richten sich Stimmkraft und Anteil an Gewinn und Verlust zunächst nach den Verhältnissen der vereinbarten Werte der Beiträge der Gesellschafter und nur nachrangig nach Köpfen, § 709 Abs. 3, S. 2, 3 BGB n.F. In Altgesellschaften ohne ausdrückliche Regelung der Beteiligungsverhältnisse könnten sich die Beteiligungsverhältnisse einer GbR mit Inkrafttreten des MoPeG also theoretisch verschieben (weil es z.B. bislang gesetzlich nach Köpfen ging, und nach neuer Rechtslage wären die bei Gründung vereinbarten Beiträge entscheidend); um das sicher zu verhindern, wäre eine Ergänzung des Gesellschaftsvertrags um eine ausdrückliche Regelung der Beteiligungsverhältnisse erforderlich.
Das Gesetz geht von einem variablen Kapitalanteil aus, § 709 Abs. 3 BGB n.F., § 120 Abs. 2 HGB n.F., der sich z.B. durch Entnahmen verändern kann. Das kann zu praktischen Schwierigkeiten führen, insbesondere, wenn sich auch das Stimmrecht nach den Beteiligungsverhältnissen richtet. Diese Schwierigkeiten lassen sich (wenn nicht ohnehin die Beteiligungsverhältnisse insgesamt abweichend geregelt sind) dadurch vermeiden, dass – wie beim Mehrkontenmodell in der KG – mehrere Konten für die Gesellschafter gebildet werden, wobei eines dieser Konten ein unveränderliches Kapitalkonto ist, an das die Stimm- und Gewinnbezugsrechte anknüpfen.
b) Gesellschafterbeschlüsse
Auch nach dem MoPeG gilt für die Beschlussfassung in Personengesellschaften der Grundsatz der Einstimmigkeit, vgl. § 714 BGB n.F, § 109 Abs. 3 HGB n.F. grds. können im Gesellschaftsvertrag, wie bislang, Mehrheitsbeschlüsse vorgesehen werden. Hier ist jedoch genau zu regeln, welche Beschlussmehrheiten für welche Beschlussgegenstände gelten sollen. Zu berücksichtigen ist, dass das Gesetz in Teilen Beschlussmehrheiten vorschreibt, beispielsweise für die Auflösung der Gesellschaft bzw. einen Fortsetzungsbeschluss (mindestens) eine qualifizierte Mehrheit, §§ 732, 734 BGB n.F., §§ 140 , 142 HGB n.F.
Regelungen zum Beschlussverfahren sind für die GbR im MoPeG nicht vorgesehen. Sobald der Gesellschaftsvertrag etwas anderes als Einstimmigkeit zur Beschlussfassung vorsieht, empfehlen sich deshalb zumindest grundlegende Regelungen im Gesellschaftsvertrag, etwa zur Befugnis zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung, zur Form und Frist bei der Ladung, ggf. zu Minderheitsrechten, mit denen die Einberufung einer Gesellschafterversammlung erzwungen werden kann, zu einem Quorum für die Beschlussfähigkeit und der Möglichkeit zur Wiederholung einer beschlussunfähigen Gesellschafterversammlung sowie zur Versammlungsleitung und Protokollierung. Für Personenhandelsgesellschaften (wie OHG, KG, GmbH & Co. KG) sind einige dieser Punkte jetzt in § 109 HGB n.F. geregelt. Im Gesellschaftsvertrag einer GbR kann auf diese Regelungen Bezug genommen werden („Opt-in“).
Nicht für die GbR aber für die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG GmbH & Co KG etc.) sieht das MoPeG im HGB nun Regelungen zur Beschlussanfechtung vor Die Gesellschafter einer GbR können die Geltung der §§ 110 HGB ff. n.F. jedoch im Gesellschaftsvertrag vereinbaren („Opt-in“-Lösung). Das Beschlussmängelrecht der §§ 110 HGB ff n.F. hat für die Gesellschafter vor allem den Vorteil der Rechtssicherheit, weil die Anfechtungsklage (des Beschlussmängelrechts) nur befristet möglich ist, während die bislang mögliche Feststellungsklage zeitlich nur der Verwirkung und keiner Frist unterliegt. Die Anwendbarkeit des Beschlussmängelrechts der §§ 110–115 HGB n.F. setzt voraus, dass der Beschluss formell festgestellt worden ist. Es ist deshalb zu empfehlen, Regelungen zur Versammlungsleitung und Beschlussfeststellung in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
Verstößt ein Gesellschafterbeschluss gegen unverzichtbare Rechtsvorschriften, so ist er gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1 HGB n.F. nichtig. Anderweitige Verstöße führen (nur) zur Anfechtbarkeit und können mit einer Frist von drei Monaten, die gesellschaftsvertraglich verlängert werden kann (§ 112 Abs. 1 HGB n.F.), durch Klage auf Nichtigerklärung angefochten werden, § 110 Abs. 1 HGB n.F.
c) Ausscheiden Gesellschafter
Bei der GbR führen Kündigung oder Tod eines Gesellschafters, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters, Kündigung durch einen Privatgläubiger und Ausschließung aus wichtigem Grund, nach dem MoPeG nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters, § 723 Abs. 1 Nr. 1–5 BGB n.F., so wie es bei den Personenhandelsgesellschaften nach dem HGB schon immer war und meist in GbR-Verträgen bereits abweichend geregelt war). Ist also bislang im GbR-Vertrag nichts geregelt und gilt bislang somit die Auflösung, so würde nach neuem Recht nur noch ein Ausscheiden unter Fortbestand der Gesellschaft gelten. Soll die Auflösung bei vorgenannten Gründen beibehalten werden, so muss dies dann jetzt ausdrücklich (abweichend) im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.
II. Steuerrecht
Bei der GbR sieht das Gesetz bislang zwar ein „Gesellschaftsvermögen“ vor, welches laut § 718 BGB aber als das gemeinschaftliche Vermögen der Gesellschafter definiert ist. Das Gesellschaftsvermögen unterliegt einer „gesamthänderischen Bindung“ (§ 719 BGB), es ist als Sondervermögen vom sonstigen (Privat-)Vermögen der Gesellschafter getrennt. Für die Außen-GbR bestimmt künftig § 713 BGB n. F. in deutlicher Abgrenzung zum alten § 718 BGB: „Die Beiträge der Gesellschafter sowie die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten sind Vermögen der Gesellschaft.“
§ 719 BGB wird ersatzlos gestrichen, der Begriff der Gesamthand verschwindet damit aus dem Gesetz. So ist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich vom „Verzicht auf das Gesamthandsprinzip“ die Rede (BT-Drucks. 19/27635 S. 106). Mit der nun erfolgten ausdrücklichen Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR in § 705 Abs. 2, § 713 BGB n. F. geht eine klare Trennung zwischen dem Gesellschaftsvermögen und dem Privatvermögen der Gesellschafter einher. Die Gesellschaft ist Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten.
1) Ertragsteuerrecht
Die Neuregelungen, insbesondere die Aufgabe des Gesamthandprinzips bei der GbR, haben grds. keine Auswirkungen auf das Ertragsteuerrecht. Insbesondere bleiben die Personengesellschaften für die Zwecke der Besteuerung „transparent“, das heißt die Einkünfte der Gesellschaft werden nach wie vor unmittelbar den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet und unterliegen bei diesen der Einkommensteuer/Körperschaftssteuer (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/27635, S. 107; siehe auch Bahlinger, Folgen des neuen Personengesellschaftsrechts für die Beratungspraxis, NWB 2023, S. 921 ff.)
2) Schenkungsteuer/Erbschaftsteuer
Für die Schenkungsteuer/Erbschaftsteuer lässt sich gegenwärtig nicht mit Sicherheit sagen, ob das MoPeg Änderungen im Schenkung-/Erbschaftsteuerrecht zur Folge hat. Denn die Gesetzesbegründung verneint ausdrücklich nur Auswirkungen der Reform auf die Ertragsteuer und lässt die Frage im Übrigen offen. Bislang erfolgt bei Zuwendungen von einer und an eine Gesamthand eine Besteuerung ausschließlich auf der Ebene der dahinterstehenden Gesamthänder. Die Gesamthand selbst kann mangels ausreichender Verselbständigung weder Schenker noch Beschenkter sein. Ob mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR und der Aufgabe des Gesamthandsprinzips nun eine Zuwendung an die Gesellschaft selbst anzunehmen ist, ist derzeit unklar und wird diskutiert. Die (Steuer-)Rechtslage sollte hier zukünftig genau beobachtet werden, insbesondere vor einer geplanten Schenkung.
3) Grunderwerbsteuer
Unmittelbare steuerliche Auswirkungen durch das MoPeg sind aber sehr wahrscheinlich dort, wo Steuervorschriften tatbestandlich auf das – zivilrechtlich aufgegebene – Gesamthandsprinzip Bezug nehmen. Dies wird vor allem für die §§ 5, 6 GrEStG diskutiert, die bestimmte Erwerbsvorgänge unter Beteiligung einer „Gesamthand“ von der Grunderwerbsteuerpflicht ausnehmen. Wenn es zivilrechtlich gesehen kein Gesamthandsvermögen der Gesellschafter mehr gebe, sei der Anwendung der §§ 5, 6 GrEStG auf Personengesellschaften der Boden entzogen. Für diese Auffassung spricht die Zivilrechtsakzessorietät des Grunderwerbsteuerrechts. Sehr wahrscheinlich ist demnach, dass die Grunderwerbsteuerbefreiungen der §§ 5, 6 GrEStG bei Grundstücks-Übertragungen von einer oder auf eine Personengesellschaft ab dem 01.01.2024 nicht mehr gelten.
III. Fazit
Die zivilrechtlichen Änderungen durch das MoPeG sind umfangreich. Insbesondere, wenn gesellschaftsvertraglich bislang wenig geregelt war, sollten die Gesellschaftsverträge überprüft werden, da in diesen Fällen künftig (gesetzlich) andere Regeln gelten können, die evtl. nicht gewollt sind. Außerdem kann sich die Eintragung bestehender GbR´s in das neue Gesellschaftsregister empfehlen, bei GbR-Grundstückgesellschaften ist sie im Zweifel Pflicht.
In steuerlicher Hinsicht bestehen offene Fragen. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass die Grunderwerbsteuerbefreiungen der §§ 5, 6 GrEStG bei Grundstücks-Übertragungen von einer oder auf eine Personengesellschaft ab dem 01.01.2024 nicht mehr gelten. Im Einzelfall ist deshalb zu prüfen, ob geplante Übertragungen vorgezogen werden.
Gerne überprüfen wir Ihre Verträge und beraten Sie!